Am 15. Januar 2025 nahm die zoraLit eG – eine, wenn nicht gar die erste Genossenschaft für Literaturschaffende – ihre Arbeit offiziell auf. Somit ist die berüchtigte 100-Tage-Marke geknackt und genügend Anlass für ein Zwischenfazit gegeben. Dazu sprachen wir mit drei der fünf Gründerinnen.

Stellt euch gerne erstmal vor! Wer seid ihr?
Die zoraLit eG wurde von Sabina Everts, Alyssa Fenner, Katharina Holzmann, Zoë Martin und Laura Weber gegründet. Wir alle fünf sind vorher schon in verschiedensten Bereichen der Literaturbranche tätig gewesen: in Verlagen, Agenturen, Magazinen und Buchhandlungen.
… und was hat es mit zoraLit auf sich?
Wir haben in zahlreichen Gesprächen mit Kolleg:innen und untereinander gemerkt, dass es viele Punkte gibt, an denen in unserer Branche gearbeitet werden muss. Der Nachwuchs geht verloren, unbezahlte Arbeit und Überstunden sind Normalität, Vernetzung findet nur bedingt statt. Wir wollen das ändern und haben deshalb die erste Genossenschaft für den deutschsprachigen Literaturbetrieb gegründet, die allen Berufsgruppen eine Plattform geben soll.
zoraLit ging nun vor rund 100 Tagen an den Start. Wie sieht’s aus? Wie lauten die harten Fakten; wie sind eure subjektiven Eindrücke?
Es ist eine stetig wachsende Community, in der sich die Mitglieder austauschen, Arbeitsgruppen und Schreibwerkstätten gründen. Dafür, dass wir gerade erst begonnen haben, passiert schon viel mehr auch von den Mitgliedern selbst initiiert, als wir vorher gedacht hätten. Das ist toll, denn es zeigt uns, dass das Konzept funktioniert. Außerdem werden die von uns Gründerinnen gestellten Angebote gut angenommen. Die zoraTalks – das sind einmal im Monat stattfindende Expert:innen-Talks zu immer wechselnden Themen – sind zum Beispiel gut besucht und es gibt jedes Mal eine rege Frage- und Diskussionsrunde.
Die 100 Mitglieder-Schwelle habt ihr ja bereits nach rund 60 Tagen geknackt. Wie können wir uns den bisherigen Kreis der Genossenschaftsmitglieder vorstellen?
In der zoraLit sind unter den Ordentlichen Mitgliedern alle möglichen Berufsgruppen vertreten, unter anderem Literaturagent:innen, Blogger:innen, Autor:innen, Übersetzer:innen und Verlagsmitarbeiter:innen. Auch ein paar Volontär:innen sind schon bei uns Mitglied und wir hoffen, noch mehr vom Branchennachwuchs für unsere Genossenschaft begeistern zu können, da es während des Berufseinstiegs oft schwierig ist, sich gut vernetzen zu können. So können wir auch den Wissensaustausch zwischen Erfahrenen und Nachwuchs ermöglichen, um die unterschiedlichen Hürden und Themen in wandelnden Zeiten beleuchten zu können.
Euch traf man beispielsweise auf der Leipziger Buchmesse an. Erreichte euch in den gut gefüllten Hallen etwas Rückmeldungen aus der Literaturszene? War diese ausschließlich bestärkend oder gab es auch Gegenwind?
Sowohl auf der Leipziger Buchmesse als auch außerhalb der Messe haben wir bis jetzt ausschließlich positives Feedback bekommen. Wir stoßen auf reges Interesse und auch auf viel Motivation, mitzumachen, Teil der Genossenschaft zu werden und etwas zu verändern. Das freut uns sehr! Wir sind aber auch offen für konstruktive Kritik, denn darum geht es uns ja ganz konkret: Mit den Mitgliedern die Genossenschaft und die Arbeit darin gemeinsam weiterzuentwickeln.
Hattet ihr (erste) Erfolgserlebnisse? Lief manches anders als erwartet? Was war besonders herausfordernd?
Die ersten Erfolgserlebnisse sind das gerade anlaufende Mentoringprogramm, bei dem wir 10 Paare miteinander verbinden konnten. Außerdem haben wir über das Jahr verteilt Vernetzungstreffen geplant. Neben Berlin auch in Hamburg, München, Köln und Wien, was uns sehr freut, denn wir sind zwar ein Berliner Unternehmen, möchten aber nicht nur die Berliner:innen ansprechen.
Eine Herausforderung war und ist es, überhaupt eine Genossenschaft gegründet zu haben, sich mit der komplexen Rechtsform auseinanderzusetzen und die Satzung zu schreiben. Aber daraus haben wir auch viel lernen können.
Ihr habt auch eine eigene App, „coapp“, exklusiv für Mitglieder. Wie kam es dazu? Wofür ist die App da? Ist dort schon was los?
Um sich als Ordentliches Mitglied mit den anderen Mitgliedern vernetzen zu können, alle Informationen zu unseren Angeboten zu bekommen oder auch eine Sprechstunden buchen zu können, müssen sich unsere Mitglieder bei coapp anmelden. Dies ist eine werbe- und algorithmusfreie Community-Plattform. Wir haben während der Gründung nach etwas gesucht, das übersichtlicher ist als eine Mailingliste und das den Mitgliedern mehr Möglichkeit gibt, um in den Austausch zu kommen, Angebote und Wünsche zu teilen oder auch einfach mal eine banale Frage in den Community-Raum zu werfen. Dafür ist coapp ideal und wird auch schon gut genutzt.
zoraLit finanziert sich nicht nur durch die Mitgliedsbeiträge, sondern auch durch die Gewinne aus der Literatur- und Eventagentur. Wie kann man sich das vorstellen?
Die Arbeit der beiden Agenturen kann man sich ganz klassisch vorstellen. Jedoch fließen die Einnahmen direkt in die Genossenschaft, das bedeutet, dass alle Einnahmen in einen gemeinsamen Topf fließen und so wiederum die Ziele der Genossenschaft stützen.
Sind die Literatur- und Eventagentur mit der Genossenschaft über die finanzierende Rolle hinaus miteinander verwoben?
Für beide Agenturen prüfen wir alle eingereichten Anfragen, unabhängig davon, ob diese von Mitgliedern oder Nicht-Mitgliedern kommen. Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft garantiert keine Vertretung in der Literatur- oder Eventagentur. Ebenso ist es kein Kriterium, Mitglied zu werden, nur weil man von uns vertreten wird.
Wie sieht das Verhältnis der Einnahmen aus Literatur-/Eventagentur und Mitgliedsbeiträgen derzeit ungefähr aus?
Die Finanzierung der Genossenschaft wird zu einem Teil von den Agenturen getragen, zu einem weiteren Teil von den monatlichen Beiträgen der Ordentlichen Mitgliedern sowie den Anteilszeichnungen der Investierenden Mitgliedern. Unabhängig davon, ob man in der Literaturbranche tätig ist oder nicht, kann man nämlich auch ein Investierendes Mitglied (IM) bei uns werden. Das bedeutet, dass man mindestens einen Anteil (à 100€) zeichnet und uns damit finanziell unterstützt. Als Dankeschön dafür nennen wir die IM namentlich auf unserer Website. Wer uns alles schon unterstützt, kann also dort nachgelesen werden.
Habt ihr diesbezüglich Ziele, wo die Reise hingehen soll? Sollen die Mitgliedsbeiträge den Großteil der Einnahmen ausmachen, fünfzig-fünfzig oder andersherum?
Das Besondere an einer Genossenschaft ist ja, dass sie allen Mitgliedern gemeinsam gehört. Das bedeutet auch, dass sobald die laufenden Kosten gedeckt werden können und es einen Jahresüberschuss gibt, die Mitglieder gemeinsam in der Generalversammlung diskutieren können, wofür ein Teil des Überschusses genutzt werden soll. Auch das ist ein Aspekt der Partizipation und Mitbestimmung, die den Ordentlichen Mitgliedern der Genossenschaft zur Verfügung steht.
Mehr Informationen zu zoraLit finden Sie auf der Genossenschafts-Website oder auf dem diesjährigen Branchentreff Literatur (15.-17. Mai 2025, Refugio Berlin, Lenaustraße 3-4, 12047 Berlin-Neukölln):
16. Mai 2025, 14:00-15:00 Uhr: Präsentation der zoraLit und Fragerunde mit Alyssa Fenner (Anmeldung)